Vermieter aufgepasst: Ist die Aufrechnung mit der Kaution noch zulässig?

Vermieter aufgepasst: Ist die Aufrechnung mit der Kaution noch zulässig?

Früher war es nach eigentlich einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur möglich, dass der Vermieter nach der Beendigung eines Mietverhältnisses auf die Kaution auch dann zugreifen bzw. eigene Ansprüche mit der Kaution verrechnen darf, wenn die Ansprüche des Vermieters vom Mieter bestritten worden sind. Der Vermieter konnte einfach auf die Kaution zugreifen und sich im Wege der Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch des Mieters befriedigen. Wenn der Mieter mit diesem Vorgehen nicht einverstanden war, musste er Klage auf Rückzahlung der Kaution erheben. In diesem Prozess wurde dann über die Rechtmäßigkeit der Forderung des Vermieters gestritten.

Ein solches Vorgehen dürfte aber zukünftig wohl nicht mehr zulässig sein. Denn die Kaution soll nunmehr nach mehreren Entscheidungen, so z.B. des AG Dortmund, Urt. v. 19.06.2018 – 425 C 376/18, auch nach Beendigung des Mietverhältnisses nur der Sicherung von Ansprüchen des Vermieters, nicht aber der Befriedigung dienen.

Auf die Kaution tatsächlich zugreifen darf der Vermieter nur noch dann, wenn seine Ansprüche unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Vorher sind die Ansprüche des Vermieters nicht fällig, so dass er sich auch aus der Kaution nicht befriedigen darf. Dies wäre mit dem Sinn und Zweck des § 551 BGB nicht vereinbar.

Ist dies nicht der Fall und werden die Ansprüche des Vermieters vor Eintritt der Verjährung nicht gerichtlich geltend gemacht, dürfte der Mieter zukünftig bei Ansprüchen des Vermieters nach Ablauf der Verjährungsfrist – was insbesondere bei Ansprüchen wegen Verschlechterung der Mietsache gem. § 548 Abs. 1 S. 1 BGB schon 6 Monate nach Rückgabe der Mietsache der Fall ist -, die Kaution auch dann zurück verlangen, wenn die Ansprüche eigentlich berechtigt sind, vom Mieter aber vorprozessual oder erst im Prozess bestritten werden. Die früher zulässige Aufrechnung durch den Vermieter seiner dann ggf. feststehenden Ansprüche im Kautionsrückforderungsprozess des Mieters mit der Kaution ist dann aber nicht mehr zulässig, weil sich dann mangels Fälligkeit der Ansprüche des Vermieters diese Ansprüche nie in unverjährter Zeit mit den Ansprüchen des Mieters auf Rückzahlung der Kaution gegenüber gestanden haben.

In der Praxis bedeutet dies, dass Ansprüche des Vermieters wegen Verschlechterung der Mietsache, die der kurzen Verjährung von 6 Monaten unterliegen, in jedem Fall innerhalb dieser Frist gerichtlich geltend gemacht werden müssen, d.h. entweder durch Mahnbescheid oder durch eine Klage.

Auch Ansprüche wegen rückständiger Mieten bzw. Betriebskosten müssten also innerhalb der regelmäßigen Verjährung von 3 Jahren zum Jahresende hin geltend gemacht werden, wenn sie mit der Kaution verrechnet werden sollen und wenn sie vom Mieter bestritten werden.

Davon kann nur abgesehen werden, wenn die Ansprüche vom Mieter unbestritten sind. Dabei sollten an diesen Umstand hohe Anforderungen gestellt werden. Ein Schweigen auf ein Aufforderungsschreiben hin sollte wohl nicht ausreichen, vielmehr nur eine ausdrückliche schriftliche Zustimmung durch den Mieter zur Verrechnung der Ansprüche des Vermieters mit der Kaution.

Zwar ist derzeit noch unklar, ob sich diese Rechtsprechungsänderung tatsächlich durchsetzen wird. Es gibt allerdings bereits verschiedene erstinstanzliche aber auch eine zweitinstanzliche Entscheidungen, die diese Rechtsprechung übernommen oder darauf hingewiesen haben, dass sie dieser Rechtsauffassung zukünftig folgen werden.

Wir können daher nur dazu raten, jedenfalls so lange diese Rechtsfrage nicht abschließend gegenteilig geklärt ist, alle Ansprüche, die sich nach einer Beendigung des Mietverhältnisses ergeben (sei es wegen Verschlechterung der Mietsache, Nachforderungen aus Nebenkostenabrechnungen oder offener Mieten), auch dann gerichtlich geltend zu machen, wenn diese eigentlich nur mit der Kaution verrechnet werden sollen. Es muss also Klage erhoben oder ein Mahnbescheid beantragt werden, und zwar vor Ablauf der Verjährungsfrist.

Die Frage die sich dann stellt ist, in welchem Umfang die Ansprüche geltend gemacht werden sollen. Bestehen z.B. Schadensersatzansprüche in Höhe von 3.000,00 € und beträgt die Kaution nur 1.000,00 €, kann nicht einfach nur ein Mahnbescheid über 1.000,00 € beantragt werden, wenn zuvor 3.000,00 € geltend gemacht wurden. Da dann unklar ist, auf welchen Teil der ursprünglichen Forderung sich der Mahnbescheid bezieht, vermag diese Geltendmachung durch einen Mahnbescheid die Verjährung nicht zu unterbrechen. Der Mahnbescheid ist dann zu unbestimmt.

Dies wäre nur dann möglich, wenn zuvor in einem Schreiben ausgeführt wurde, welche Forderungen über insgesamt 1.000,00 € anteilig von den 3.000,00 € geltend gemacht wird und auf dieses Schreiben dann im Mahnbescheid Bezug genommen wird. In diesem Fall verjähren dann allerdings die übrigen Ansprüche in Höhe von 2.000,00 € und können später auch nicht mehr „ersatzweise“ eingeführt werden.

Es muss daher immer im Einzelfall entschieden werden, ob die Forderung dann zunächst auf einen Betrag in Höhe der Kaution beschränkt wird oder ob die Gesamtforderung geltend gemacht wird.

Denn ein Mieter, der letztlich damit einverstanden ist, dass seine Kaution einbehalten wird, wird einem Mahnbescheid über 1.000,00 € vermutlich nicht widersprechen, wohl aber einem Mahnbescheid über 3.000,00 €, der dann auch eine über die Kaution hinausgehende Forderung von 2.000,00 € titulieren würde.

Vorteil der Geltendmachung der Gesamtforderung ist hingegen, dass auch noch die übrigen Forderungen eingeführt wurden, wenn der Mieter in einem Prozess nachher einwendet, dass Anteile der Forderungen nicht bestehen, sich aber das bestehen anderer Forderungen aus der Gesamtsumme von 3.000,00 € bestätigt.

Welches Vorgehen daher sinnvoll ist, ist eine Entscheidung des Einzelfalls.

Sprechen Sie uns daher frühzeitig an, so dass wir das geeignete Vorgehen mit Ihnen absprechen und das bestmögliche Ergebnis für Sie erreichen können.